08.11.2021: Seit über einem Vierteljahrhundert wird auf UN-Klimakonferenzen verhandelt. Momentan auf der COP 26 in Glasgow – wegen Corona ein Jahr später als ursprünglich geplant. Dort wurde nicht nur vor, sondern auch im Konferenzgebäude ein „Blablabla“ befürchtet und angeprangert – und energisches Handeln eingefordert. Denn alles muss getan werden, damit es nicht nur heiße Luft zur Bekämpfung der Erderhitzung (oder doch eher zum Sichern des eigenen Wohlstandes?) gibt. Bisherige Kurse haben so offensichtlich in Sackgassen geführt, allen voran in die der Klimakrise. Weltweite Verwüstungen, Brände, Gletscherschmelzen und Überschwemmungen zeigen in drastischen Bildern, wie notwendig es ist unser Verhalten grundlegend zu ändern. Wir müssen neue Kurse steuern. JETZT.

Zehntausende von Demonstranten in Glasgow – den Veranstaltern nach am vergangenen Samstag sogar bis zu 100.000! – bauen enormen Druck auf die Delegierten aus insgesamt rund 200 Ländern auf und sind treibende Kräfte, damit notwendige Entscheidungen getroffen werden. Das mahnende „Blablabla“ in einer (Wut-)Rede der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg hat es sogar bis in die Rede von Boris Johnson geschafft – wie die taz in diesem launigen Artikel unter der Überschrift „doch mehr als Blablabla“ aufzeigt.

2009 waren wir nach Kopenhagen gesegelt um zu demonstrieren. Fehlende Ergebnisse von „Floppenhagen“ hatten uns „Klimasegler“ schwer enttäuscht und noch lange nach der Rückkehr, bei der wir auch durch Schneegestöber gesegelt waren, viel Kraft gekostet. Mich konnte auch ein Satz aus einer „Vereisung“ nach der Konferenz herausreißen, der von Christoph Bals kam, dem Geschäftsführer der Bonner Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch (mit deren Hilfe wir eine Petition an den damaligen Umweltminister Dr. Norbert Röttgen weitergegeben hatten): „Den Kopf nicht in den Sand stecken“! Und es ging wirklich teilweise stark weiter, für mich auch angetrieben durch die Erlebnisse unseres sogenannten COPsails.

„Alte Bekannte“ auf Kieler Klimademo am 24. Sept.

JA, für viele Dinge sollte kein Weg zu weit sein. Doch zur diesjährigen Klimakonferenz nach Schottland zu segeln ließ sich leider nicht realisieren, auch wenn mich Pläne dazu gepackt hatten. Jedoch steckt unsere SAMYRAH gerade mitten in einem enormen „Umbruch“, zu dem wir in Kürze die Masten ziehen müssen und auch sonst noch viel Arbeit notwendig sein wird. Zudem kann ich momentan zu meiner großen Freude intensiv meine Erfahrungen der Frachtsegelreise weiter ausarbeiten (dazu wird’s hoffentlich in recht naher Zukunft weiteres geben…). Dieses konkrete Beispiel eines „NEUEN KURSES“ mit sauberem Segelschiff als schlagkräftige Alternative zum so enorm klimaschädlichen Seetransport mit den „Müllverbrennungsanlagen“ der Containerriesen begeistert und beschäftigt mich weiterhin sehr. Die AVONTUUR zieht gerade wieder über den Atlantik gen Neue Welt, auf ihrer achten Reise seit dem großen und wagemutigen Rückbau zum Frachtsegler durch Cornelius Bockermann von timbercoast.

Für mich ist dies eine der notwendigen Initiativen, die als „Treiber in die richtige Richtung weisen“, wie in der Zusammenfassung einer Studie des Hamburger KlimaCampus hier von riffreporter.de einzelne Kräfte zur Veränderung bezeichnet werden (dort werden Klimaklagen als positive Initiativen genannt). Insgesamt wird betont, dass „Technik und Innovation nicht das Problem sind, sondern die Gesellschaft erzeugt nicht genug Druck und Schwung.“

Trotz des Druckes von oftmals sehr kreativer und bildgewaltiger Proteste sieht der klimapolitischer Leiter von CARE International, Sven Harmeling, die Halbzeit-Ergebnisse mit deutlicher Kritik: „Während weltweit Millionen Menschen unter den Folgen der Klimakrise leiden, spielen die Regierungen der größten Industrienationen in Glasgow auf Zeit und fallen mit großen Ansagen, aber wenig Tatkraft auf“ (unter „verhaltene Halbzeitbilanz in Glasgow“ im News-Ticker zur Klimakonferenz im Focus wiedergegeben, ungekürzt hier bei CARE). Ebenfalls beobachtet Christoph Bals vor Ort auch diese UN-Verhandlungen mit ihren aus seiner Sicht „zum Teil etwas wolkigen Ankündigungen“ genau. Er weißt auf die Lücke von 20 Mrd. Dollar in dem bereits seit mehreren Jahren zugesagten Anpassungsfonds von jährlich 100 Mrd. Dollar zur Finanzierung von Maßnahmen zum Klimaschutz hin. Doch um eine Erhöhung des Fonds werde auf dieser Konferenz „gerungen“ und er sieht die Chance, „dass es zumindest für das nächste Jahr gelingen kann und es dann einen regelmäßigen Anstieg gibt.“ Grundsätzlich sieht er die Notwendigkeit für mehr Ambitionen, Transparenz und „Mechanismen, die wirklich einen Zusatznutzen für das Klima erbringen“. (Interview in diesem Video ab Min. 8:30).

Nach den ersten 12 Minuten dieses sehr informativen Filmes des Wissenschaftsmagazins nano zur Klimakonferenz wird zur Nachhaltigkeit übergeleitet. Wir werden im nächsten Jahr mit SAMYRAH auf dieses so weitreichende und fundamental wichtige Thema zusteuern und zur UNEP-Conference STOCKHOLM+50 segeln. Bereits das Motto der Konferenz bietet viele Chancen für NEUE KURSE: “a healthy planet for the prosperity of all – our responsibility, our opportunity”!

Ein halbes Jahrhundert nach dem ersten Umweltgipfel kann auch diese Konferenz erneut in der schwedischen Hauptstadt hoffentlich ein weiterer Meilenstein hin zu echter Nachhaltigkeit werden – so wie die Konferenz von 1972 in dem starken Buch von Ulrich Grober „Die Entdeckung der Nachhaltigkeit“ eine zentrale Rolle einnimmt. Als kleiner „Appetizer“ werden hier die zitierten Worte der Eröffnungsrede des kanadischen UN-Sonderbeauftragten Maurice Strong wiedergegeben (mit der Hoffnung, dass auch bei den jetzigen UN-Verhandlungen ähnlich starke Reden aufrütteln können!):

„Das unser Zeitalter beherrschende Bild ist das Bild der Erde, wie sie über dem Horizont des Mondes aufgeht – als eine schöne, einsame, zerbrechliche Kugel. Sie ist Heimat der gesamten menschlichen Gattung und trägt deren Leben. Aus dieser Perspektive ist es unmöglich, die Grenzen zwischen Nationen zu erkennen und all die anderen künstlichen Barrieren, die Menschen voneinander trennen. Was uns dieses Bild mit einer dramatischen Kraft vermittelt: Alle gemeinsam sind wir von der Gesundheit unserer einen und einzigen Erde abhängig. Unser gemeinsames Interesse, sie zu pflegen und zu bewahren, transzendiert all unsere willkürlichen Trennungen. (in U. Grober, 2010; S. 229)

Momentan bringt hoffentlich der frühere US-Präsident Barack Obama starke Impulse in die Verhandlungen in Glasgow und kann zum Handeln aufrufen – so wie mit diesem Appell: „Wenn wir jetzt nicht mutig handeln, ist es zu spät“!